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Schwerer Job für G-BA-Chef Hecken

Über die neuen Regelungen für Strukturvorgaben zur stationären Notfallversorgung ist kurz vor der geplanten Entscheidung im G-BA ein heftiger Streit entbrannt. Das Auftreten des GKV-Spitzenverbands sorgt für reichlich Ärger im Kliniklager, der G-BA musste die Entscheidung vertagen.

Die Vorschläge des Spitzenverbandes der Krankenkassen (GKV-SV), mit Unterstützung von Intensiv- und Notfallmedizinern (DGiNA) erstellt, liegen diametral entfernt von den Ansichten der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG) und den Empfehlungen zahlreicher anderer Fachgesellschaften. Besonders verstörend dabei: Der GKV-SV tritt in der öffentlichen Diskussion inzwischen selbstherrlich auf, hat die Forderungen der DGiNA zu seinen eigenen gemacht und präsentiert sich als „Robin Hood“ der Notfallversorgung.

Stellungnahmen, die dem GKV-SV nicht in den Kram passten, scheint der Kassenverband gleich abgeheftet zu haben, denn Veränderungen am GKV-Vorschlag sind im Verlauf des Verfahrens sind kaum erkennbar. Dass bei so viel Überheblichkeit bisher kein Kompromiss zustande kam, wundert nicht. Die Beschlussfassung hat der G-BA mittlerweile um einen Monat auf den 19. April 2018 verschoben. Es ist keine leichte Aufgabe für G-BA-Chef Josef Hecken, hier zu einem praxistauglichen Kompromiss zu kommen.

Kliniken müssen mitmachen und bekommen Abschläge

Die Kliniken sollen je nach Ausstattung in 3 Stufen der Notfallversorgung eingeordnet werden, von der Basis- bis zur Maximalversorgung. Ursprünglich gab es noch eine vierte Stufe der Nichtteilnahme, für jene Kliniken, die auch die Strukturanforderungen für die Basisversorgung nicht erfüllen. Entsprechend groß war die Aufregung, weil die Hürden selbst für die Basisversorgung recht hoch sind.

Jetzt will oder muss man diese Kliniken weiter teilnehmen lassen und spricht nur noch von Nichtteilnahme im entgeltrechtlichen Sinne. Sprich diese Kliniken sollen weiter Notfälle versorgen, bekommen aber Abschläge, während für die anderen Zuschläge in noch nicht verhandelter Höhe vorgesehen sind, um die erhöhten Vorhaltekosten abzudecken.

GKV besteht auf ZNA, doch ist das überall sinnvoll?

Größter Aufreger im GKV-Vorschlag sind die Kriterien für die Einstufung in die Basisversorgung (3. Stufe): Kliniken müssen Fachabteilungen für Innere, Chirurgie und Anästhesie vorhalten, jeweils ein Facharzt dieser Abteilungen muss rund um die Uhr (24h/7d) innerhalb von 30 Minuten am Patienten verfügbar sein. Eine Intensivstation mit 6 Betten ist ebenso Pflicht wie ein CT (24H/7d).

Die Klinik muss eine zentrale Notaufnahme (ZNA) mit eigenständiger fachlich unabhängiger Leitung vorweisen. Darf man anmerken, dass dies viele neue Arbeitsplätze für die Kollegen der DGiNA generieren würde? Eine ZNA macht sicher an vielen Stellen Sinn, aber nicht überall und nicht zwingend vorgeschrieben. Die Entscheidung kann man auch den Kollegen vor Ort überlassen.

Kein ausgeklügeltes Konzept

Die vorgegebene maximale Zeitspanne bis zum Einsatz von 30 Minuten für den Facharzt ist besonders problematisch. Einerseits ist sie für viele wirkliche Notfälle schlicht zu lang, andererseits arbeitsrechtlich und tarifrechtlich umstritten, denn sie liegt genau auf der Grenze zwischen Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft. Warum schreibt man nicht: „unverzüglich abhängig vom Schweregrad der Erkrankung bzw. der Gefährdung des Patienten“, denn der soll ja zuerst triagiert werden. Primärversorgung nach Facharztstandard, das heißt durch den anwesenden Arzt in Weiterbildung und in der Folge durch den Facharzt in Rufbereitschaft.

Was hat das für Folgen bei der Nichteinhaltung, die im Klinikalltag nicht immer auszuschließen ist. Da ist die MDK-Prüfung noch die geringste Sorge. Für Kliniken in der Fläche bedeutet das in der Regel die zusätzliche Einstellung mehrerer Anästhesisten, die es besonders in den Randgebieten nicht gibt. Dafür bekommt eine Klinik dann Abschläge! Besonders ausgeklügelt ist dieses GKV-Konzept nicht – es sei denn, es handelt sich um ein Programm zur Strukturbereinigung der Kliniklandschaft.

Quelle: Priv.-Doz. Dr. Michael Weber / www.kma-online.de

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